Gestern bin ich mit dem Hund unterwegs - und langsam kommt ein Polizeiwagen angekrochen, hält neben mir, der Beamte lässt das Fenster herunter und spricht mich sofort auf den Hund an, will am liebsten gleich aussteigen und ihn anfassen. Fragt mich aus, erzählt mir von seinen drei Hunden. Etwas, das mich immer noch verstört, so lange hab ich ja selbst noch keinen Hund, das ist so neu und ungewohnt - und würde mir im Traum nicht einfallen. Fragt, wo ich wohne. Quid pro quo, denke ich und nutze den Anlass, meinerseits zu fragen, wieso denn gerade eigentlich so eine hohe Polizeipräsenz hier im Viertel herrsche. Jemand vom nahegelegenen Internat sei überfallen und fast verschleppt worden, ein Mädchen... Da wären sie halt ein bisschen mehr hier unterwegs gewesen - auch in zivil. "Gut zu wissen, schönen Dienst noch - nicht zu ruhig und nicht zu anstrengend."
"Danke, ist ja gleich Feierabend."

Feierabend sollte ich auch mal wieder einführen, denke ich. Und überlege, was ich so alles machen könnte. Lesen, zum Beispiel. Gerade ganz frisch:
Why be happy when you could be normal - Jeanette Winterson
Kastration und Verhalten beim Hund - Strodtbeck/Gansloßer
Nachhinein - Lisa Kränzler

Ganz zu schweigen von den anderen Büchern, die sehnsüchtig auf Beachtung warten...

Da könnte ich glatt 'ne Liste anlegen:
- Bloggen
- Fotografieren
- mal wieder rausfahren ins Grüne/Weiße
- nix tun
...

Ein guter Gedanke!

Langsam komm ich wieder rein ins Ideen- und Gedankensammeln, ins Schreiben, ins Träumen. Wie schön.

Komisch, dass ich manchmal auf die Pausetaste drücke, ohne es zu merken. Klar, irgendwann meldet sich das Gefühl, dass was fehlt, aber wieso dauert es so lange, bis ich finde, was das ist?

Dieses Jahr wird ein Gutes, das spüre ich.

So und nun weiter im Text.

Da bin ich mit einem Mal wach, die Uhr verrät kurz vor sieben. Das ist eine extrem untypische Zeit für mich, noch dazu in Begleitung eines gewissen Ausgeschlafenseingefühls. Merkwürdig. Noch bis viertel nach gelümmelt, dann aufauf unter die Dusche und hinaus in die weiße Wunderwelt.
Und da passiert es.
Ich stehe mit dem Hund auf einer schneebedeckten Wiese, jage ihn hin und her und plötzlich: Helligkeit. Wärme.
Sonne!

Wie anders die Welt mit Sonnenlicht aussieht. Alles glänzt und funkelt, wird warm, lächelt und wirft Schatten. Irgendwie hat alles plötzlich wieder richtige Konturen. Faszinierend.

Jetzt ist sie leider schon wieder weg, die Sonne. Vielleicht nur vorübergehend. Aber ich weiß jetzt wohl, warum ich so früh wachgeworden bin. Ich musste mal wieder klar sehen.

Da lieg ich im Bett, werde langsam wach, schaue an die Decke, genieße das.
Dann plötzlich der Gedanke: "Keine Lust, aufzustehen? Keine Lust? Lust auf ..."
Ein bisschen hat mich das erschrocken. Dass ich eine Werbung aus den Achtzigern noch immer im Ohr habe. Inklusive Sprecherstimme, Intonation, etc. Und dass damals wirklich jemand geglaubt hat, wegen Marmelade würde es sich lohnen, aufzustehen. Mein wirklicher Grund aufzustehen ist jeden Morgen der gleiche, wäre aber vermutlich weniger werbewirksam in einem Spot für Villeroy & Boch zu verwursten. Öhm. Ja. Vielleicht sollten die in Reklamefilmen immer mal wieder was Nützliches unterbringen. Wie 'ne Lateinvokabel. Oder wie der höchste Berg Deutschlands heißt. Oder wie hoch der ist. Dann würde dabei wenigstens ab und zu noch was Wissen hängenbleiben.

Seit ich "The Art of Fielding" von Chad Harbach gelesen habe, finde ich keine Anschlusslektüre.
Das Buch ist einfach so... so... einzigartig. So toll. So fesselnd. So alles.

Drin steckt ein Kollektivroman, verbindendes Element ist das Westish College in Wisconsin. Hauptpersonen sind der Rektor Affenlight, seine Tochter Pella, zwei herausragende Sportler des Colleges Henry und Mike und - ebenfalls Baseballspieler, allerdings außerdem herausragender Student - Owen Dunne.

Mich fasziniert es immer wieder, einen Text in den Händen zu halten, der von Kapitel zu Kapitel ein anderes Gesicht annehmen kann.
Ich kann gar nicht sagen, wen ich am sympathischsten fand - ich mochte sie alle. Am beeindruckendsten aber wohl Guert Affenlight. Vielleicht. (Nee, ich fand die alle toll!) Aber an ihm wird wohl der Unterschied zwischen innerer Persönlichkeit und äußerer Persönlichkeit am deutlichsten. Er handelt immer sehr nüchtern und wohlüberlegt, was seine Tochter wahnsinnig macht - wer aber einen Blick in seine Gedanken werfen darf, weiß, dass vor jeder einzelnen Handlung abgewägt und sich dann für das kleinste Übel entschieden wird. Faszinierend.

Und: ich liebe Baseball. Selten habe ich beim Lesen fast wieder mit dem Fingernägelkauen angefangen, weil es so spannend war. So spannend!

Hach, was liest man denn bitte schön nach so einem Buch?

Noch dazu hat es mich wahnsinnig neugierig auf die Übersetzung von Stephan Kleiner und Johann Christoph Maass gemacht. Den großen Baseballanteil verständlich und richtig ins Deutsche zu übertragen war sicher nicht leicht. Und ich wüsste gern, ob Demetrius Arsch seinen Namen behalten hat. Auf jeden Fall auch unbesehen: Hut ab vor den Übersetzern.