Letzte Woche war ich im Wedding.

Prinzipiell kommt man in Berlin dank ÖPNV überall gut hin. Hin kam ich auch gut, bloß die angedachte Rückfahrt barg ihre Problemchen.

Erst kam der Bus nicht, also ging ich zu Fuß bis zur Ringbahn. Dort kam ich genau an, als die Bahn gerade abgefahren war - und leider in dieser Nacht nur im 20-min-Takt verkehrte... Es war ziemlich spät, ziemlich frisch, ich ziemlich müde, also wählte ich die dekadente Variante: Ein Taxi. Oben auf der Brücke musste ich auch nicht lange warten und konnte mir eins ranwinken.
"Guten Abend", sagte der Fahrer freundlich, machte dann aber ein sehr langes Gesicht, als er Prenzlauer Berg hörte. Er sei müde, auf dem Weg nach Hause - im Wedding - und dachte, ich wolle nur im Wedding irgendwohin...
"Kein Problem", sagte ich und wollte schon wieder aussteigen, als er meinte, er nähme mich aber gern ein Stückchen mit - bis zum nächsten Taxistand. Für lau, versteht sich. Gerne doch.

Am Leopoldplatz ließ er mich raus, ich trabte über die Straße zum Taxistand und stieg ins nächste Taxi.
Ein dicker, älterer Mann, der kaum um seinen Bauch herum ans Steuer kam. Und der erste deutsche Taxifahrer, mit dem ich jemals in Berlin gefahren bin.
Ich steige immer vorn ein, bin aber immer unsicher, ob man das überhaupt wirklich darf - oder ob es so was wie eine Taxiquette gibt. Eigentlich wollte ich mich einfach still kutschieren lassen, konnte mir meine Frage dann aber doch nicht verkneifen. Ob man sich eigentlich vorn hinsetzen dürfe?
"Sie können sich hinsetzen, wohin Sie wollen." Pause "Aber die meisten setzen sich nach hinten. Warum, weiß ich auch nicht."
Vielleicht, weil man dann so richtig das Gefühl hat, man würde chauffiert werden? "Das kann gut sein."
"Ich kann mich nicht hinten hinsetzen, ich schlaf auf der Rückbank immer sofort ein."
"Das ist ja scharf."

Es entspann sich ein wahnsinnig interessantes Gespräch, und ich bereute es nicht, die Eingangsfrage gestellt zu haben.

Er fährt seit 35 Jahren in Berlin Taxi. Er ist selbständig. Dies ist sein siebter oder achter Wagen. In den ganzen Jahren, so habe er letzthin mal überschlagen, wäre er beruflich über zwei Millionen Kilometer gefahren.

Ob er denn immer nur nachts fahre?
"Ja, nachts konnte man früher ein Vermögen zusammenfahren." Er habe sich das angewöhnt und sich nie wieder umgewöhnen können.
"Ja", sagte ich, "nachts fährt sicher ein ganz anderes Klientel als tags."
"Allerdings", sagte er.

Ob er denn, wenn er in anderen Städten unterwegs sei, auch Taxi fahre?
"Ja, klar. Ich war mal mit einem Kumpel in Kiel, und da hat uns ein Taxifahrer erzählt, dass er in einer guten Nacht 100 Mark verdient. Danach sind wir nur noch Taxi gefahren. Selbst, wenn wir nur 500 m weiter mussten. Und wir haben immer auf 'nen Zehner aufgerundet, weil die uns so leid taten."

Aber das mit dem Verdienst ist nicht mehr so, weil's in Berlin zu viele Taxen gibt. Über 7.000.

Wieder ein Taxifahrer, dem ich Löcher in den Bauch gefragt hab. Aber der hatte definitiv einen Bauch, der dafür groß genug war.