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laufenlaufenlaufen

Ich bin mitten in der Marathonvorbereitung. Letztes Jahr um diese Zeit war für mich jede Strecke über 20 km unvorstellbar lang - und nach jedem langen Lauf habe ich mich und meine Füße und Knie und Knöchel und den Urin und die Atmung und alles aufmerksam und neugierig und verwundert beobachtet und bestaunt.
Da passierte was mit mir und meinem Körper. Jedes Wochenende ließ mich der Trainingsplan eine Schippe drauflegen und jedes Wochenende legte auch mein Körper wieder eine Schippe drauf.
So gut wie 2014 ging es mir rein körperlich lange nicht. Vielleicht nie. Mein persönlicher Schwachpunkt war seit der Pubertät das Knie. Klar, die Achillessehne hat auch dann und wann gemuckt, aber das, was immer wieder Probleme gemacht hat, war das Knie. Und jetzt - rückblickend - kann ich sagen, auch der Kopf. Der Kopf hat daran geglaubt, dass ich den Marathon schaffe - ICH -, aber an meinem Knie hat er trotzdem gezweifelt.
Dieses Jahr fühlt sich das Training anders an. Ich bin nicht mehr so überwältigt von den krassen Zahlen, die in meinem Trainingsplan stehen, ich sehe es eher mit Erstaunen, dass ich 2015 schon fast doppelt so viele Kilometer gelaufen bin als letztes Jahr. Und nach wie vor finde ich es unglaublich, dass ich überhaupt laufe. Und dann so viel und oft. In einem der Laufratgeber stand, dass sich erst nach drei bis vier Jahren regelmäßigen Trainings Muskulatur und Skelett komplett um- und auf die Belastung eingestellt haben. Dass man erst dann seine wirkliche Form erreicht hat (watch out, AK 40!!). Ich habe in dem einen Jahr schon einen gewaltigen Sprung gemacht. Einen von ungefähr 45 min. Einen in ein wesentlich gesünderes Leben. Seit Mitte Mai ernähre ich mich ausgewogen, bewusst und sehr proteinreich. Der Effekt ist unübersehbar. Und ich mag es, wie viel vernünftiger mich das Laufen gemacht hat. Ich achte viel besser auf mich, höre viel schneller schiefe Töne, die mich warnen, sollte ich mich doch einmal wieder übernehmen, was in den vergangenen Jahren durchgängiges Thema war. Ich glaube, ich habe mal irgendwo gelesen, dass Laufen erdet. Das kann ich nur bestätigen. Es sorgt für einen Rhythmus, eine grundlegende Struktur - und für Glück. Deshalb laufe ich so gern, und deshalb war für mich nach dem Marathon 2014 klar, dass es weitergehen wird. Dass ich weiterlaufen werde.
Ich genieße es, dass ich mittlerweile richtig übers Laufen ausgehorcht werde. Das gab es letztes Jahr nicht. Da haben mich fast alle für verrückt, ambitioniert oder sonst was gehalten, als ich endlich soweit war, offen darüber zu sprechen, dass ich im Herbst einen Marathon laufen werde. Wahrscheinlich haben sie mich sehr gut gespiegelt, ich habe mich selbst für verrückt und ambitioniert und vielleicht sogar ziemlich lebensmüde gehalten. Weil das mitunter das Erste ist, was einem Nichtläufer suggerieren. Dass Laufen gefährlich ist. Deshalb habe ich auch meinem Nachbarn vor meinem ersten Halbmarathon einen Zweitschlüssel gegeben, damit er sich - für den Fall der Fälle - um meinen Hund kümmern kann. Und ich habe in vollen Zügen gelebt. Falls mir was passiert, beim Laufen, beim Lauf. Weil es ja so gefährlich ist. Lustig, wie magnetisch ich für die Sorgen anderer bin. Und auch wenn diese geschürte Angst mich mit einem unbändigen Mut versehen hat, so hat sie mir auf anderen Ebenen auch ein bisschen die Luft abgeschnürt. Auch das ist in diesem Jahr anders. Ich laufe frei, sorglos und mit Freude. Und bin weiter mutig und aufmerksam.
Und ich bin so glücklich wie nie.

Tut euch Gutes. Seid lieb zu euch. (Und drückt mir die Daumen für Sonntag, da strebe ich eine neue PB beim Stadtlauf von Sportscheck an. ;) )

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herbstgold

Bei meinem letzten Halbmarathon im Juni bin ich auf dem Rückweg mit einem Pärchen ins Gespräch gekommen. Der Mann war den Marathon gelaufen, die Frau den Halbmarathon. Sie haben wegen der Kinder damals auf Dreiviertelstellen verkürzt - und das dann beibehalten, die Zeit nutzen sie seit die Kinder aus dem Haus sind fürs Laufen. Und sie laufen viel, meist zwei Marathons pro Jahr. Nach den kleineren Distanzen hab ich dann schon gar nicht mehr gefragt. Beide AK 50 und fit wie die Turnschuhe.

Das war ein sehr angeregtes Gespräch - und kurz vorm Aussteigen empfahl mir die Frau dann eine Doku, die sie gesehen hatte: Herbstgold.
Die habe ich nun gestern gesehen - und ich werde wohl ähnlich strahlend davon erzählen wie sie.

Die Doku begleitet mehrere Sportlerinnen und Sportler, die regelmäßig an Senioren Welt- und Europameisterschaften teilnehmen, die Auswahl erstreckt sich von AK80 bis AK100!
Die SportlerInnen kommen aus Italien, Deutschland, Schweden, Österreich und Tschechien.
Sie trainieren meist in Eigenregie, auch das ist in der Doku zu sehen. Am meisten ergriffen hat mich dann aber die Begleitung bei Wettkampf. Da ist plötzlich die Nervosität, der Siegeswille, der Konkurrenzkampf zu spüren. Sind alle fünf vorher lustig und fröhlich und gut drauf, so sind sie just bei dem Wettkampf am glücklichsten. Es ist so schön zu sehen, dass sich da plötzlich der Ehrgeiz meldet. Überhaupt! Die haben alle eine sehr gesunde Portion Ehrgeiz. Das sieht man auch besonders an dem Hundertjährigen.
Er hat sich eine Knieverletzung zugezogen, bekommt mit seinen 100 noch ein neues Knie und schafft es tatsächlich, bis zum Wettkampf wieder auf den Beinen zu sein.

Das Motto: Niemals aufgeben.

Eine wirklich schöne Doku!

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unfallschwerpunkt

An der Kreuzung vorm Haus knallt es in regelmäßigen Abständen, obwohl es eine 30er Zone ist, nur eine Straße Vorfahrt hat und ein Zebrastreifen über die Straße führt.

Den lieben langen Tag wird dort in den schillernsten Ausdrücken geschimpft, gemotzt und geflucht, weil wieder wer wem die Vorfahrt genommen hat, jemand einen Fußgänger oder Fahrradfahrer übersehen hat.
Und dann knallt es, wie gesagt, recht regelmäßig. Meist ist es wirklich der Klassiker: Vorfahrt genommen. Rumms. Und für gewöhnlich geht dann umso größeres Geschrei los.

Nicht so vor ein paar Tagen. Da knallte ein weißer Kleintransporter in einen blauen VW, sodass der sich einmal um sich selbst drehte. Der Fahrer des weißen Kleintransporters fuhr erst mal aus dem Weg, stieg aus und ging dann sofort zu der Frau im blauen VW - und nahm sie sofort in den Arm. Da gab's kein Geschrei, sondern diese wirklich liebe- und rücksichtsvolle Geste. Wie schön, dass so blöde Unfälle auch so ablaufen können, wenn man sich hinterher mit ein bisschen Menschlichkeit begegnet.

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muskelkater

Da laufe und laufe ich seit nunmehr anderthalb Jahren - und hatte nach dem Marathon im September das letzte Mal Muskelkater. Was - laut Laufbuch - ein Zeichen für angemessenes Training ist, das nicht überfordert. Und eben auch glücklich macht. Also, mich. So viele Kilometer laufen, so viel bewegen, dass es sich nichts als gut anfühlt.
Und dann war ich gestern bei meiner Rückengymnastik, die ich seit nun sechs Wochen wieder regelmäßig mache (und der Effekt! Hammer!), jedenfalls war gestern mal wieder Fokus auf den Beinachsen, außerdem bin ich mit dem Rennrad hin und zurück - und heute habe ich Muskelkater in den Oberschenkeln. Das ist schön und ungewohnt und irgendwie lustig.
Morgen laufe ich beim Strausberg Marathon die Halbmarathondistanz mit, da wird sich der Muskelkater wohl hoffentlich schon verabschiedet haben.
Ist mein erster Halbmarathon seit über einem Jahr. Ich hoffe, es gelingt mir, nicht nur meine Bestzeit zu knacken, sondern unter zwei Stunden zu bleiben.

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der streik und meine 2 cent

Heute Morgen doppelt so lang zur Hundeschule gebraucht wie sonst. Weil Streik. Ich habe nichts gegen Streiks. Es ist eben ein Druckmittel, das seine Geschichte hat - und sicher nicht aus Trotz eingesetzt wird.

Aber während ich da so einmal quer durch die Stadt im Stau stand, kam ich ins Grübeln. Über Tarife, Tariferhöhungen, Geld, Inflation, Ansprüche etc. pp.

Ich bin seit über elf Jahren selbstständig - und in diesen elf Jahren haben sich die Preise für meine Arbeit recht deutlich verändert. Nach unten! Ich sammle mit jedem Auftrag, mit jedem Arbeitsjahr mehr Erfahrung (wobei die Eingangsqualifikation ja schon recht hoch sein muss), trotzdem ist das, was ich de facto als Honorar für meine Arbeit bekomme, im besten Fall gleich geblieben. In ELF Jahren!

Ich würde auch liebend gern die Arbeit niederlegen und sagen: Ey, so nicht! Alles wird teurer! Ich will mehr Geld. Schließlich zahle ich jedes Jahr mehr für alles. Miete, Strom, Gas, Lebensmittel - aber erwirtschafte weniger, weil neue Auftraggeber lieber weniger zahlen wollen, immer wieder versuchen, ihre Kosten weiter zu drücken. Dass dieses Kostendrücken auf dem Rücken der Übersetzer ausgetragen wird, ist einfach untragbar. Ich kenne viele, viele sehr, sehr genügsame Kolleginnen und Kollegen, die sich arrangiert haben mit diesem Beruf, der einem viel Herzblut abverlangt, weil im Prinzip jeder viel mehr Arbeit in Projekte steckt, als eigentlich bezahlt wird. Aus Liebe zum Wort. Und Autor. Und wer sich nach Jahren der Tätigkeit für den gleichen Verlag endlich mal 50 Cent mehr Seitenhonorar herausschlägt, freut sich - dabei ist es in anderen Berufen ganz normal, dass die Löhne immer mal wieder angeglichen werden. Nach oben.

Was mir so bewusst wurde: Die einzigen Posten, die ich in den letzten Jahren auf meiner Ausgabenliste nicht höhersetzen musste, waren die von anderen Selbständigen. Yoga, Hundeschule, selbst der Wartungsdienst für die Gastherme bekommt seit acht Jahren den gleichen Betrag.
Schlimm genug, dass das Honorarniveau seit über zehn Jahren stagniert, schlimmer noch, dass es in vielen Bereichen sogar fällt. Ich kenne viele ÜbersetzerInnen, die ihre Wochenenden der Arbeit opfern, damit das Konto gedeckt bleibt. Es wird immer noch mehr Arbeit mit noch weniger Ausstoß. Und das ist einfach bitter. Wenn man sich nicht mal mehr eine Pause leisten kann (oder will), weil sie einem direkten Lohnausfall gleichkommt. Wenn schon ein freies Wochenende Luxus gleicht.

Das ist sowieso etwas, das vielen meiner festangestellten Freunden nicht klar ist: Wir Einzelkämpfer sorgen komplett für uns selbst. Wir erwirtschaften Bruttolöhne, von denen wir selbst die Kranken- und anderweitigen Kassen bezahlen, von denen wir Rücklangen bilden müssen für Auftragsflauten, für sich überschneidende Projekte, für potentiell säumige Kunden. Wenn wir in Urlaub fahren, belastet uns das gleich mehrfach: Der Urlaub selbst will bezahlt werden (gut, das ist bei allen so), dazu kommt, dass man den entstehenden Arbeitsausfall kompensieren muss, denn Urlaubstage sind ja immer unbezahlt.

Aber jetzt komme ich von meinem Ursprungsgedanken ab. Mich hat heute einfach ein wenig der Neid gepackt. Wenn die Lokführer die Arbeit niederlegen, dann spürt das jeder direkt oder indirekt. Wenn ich als Einzelkämpferin die Arbeit niederlege, juckt das niemanden, es bekommt niemand mit. Außer irgendwann unweigerlich Vermieter, Stromanbieter, Gasanbieter, deren Beträge nicht gebucht werden.

Das hat mich heute sehr nachdenklich gemacht. Wie wenig Druckmittel wir Soloselbständige überhaupt haben. Und selbst wenn wir kollektiv die Arbeit niederlegen würden, hätte das niemals den Effekt, den der heutige Lokführerstreik hatte.

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